Welpenschutz! Gibt es ihn oder ist das ein Gerücht!?
 

"Zum Glück gibt es den Welpenschutz",  diese Aussage hören wir immer wieder einmal und als langjährige Züchter staunen wir. Was soll das denn sein, ein Welpenschutz? Die Antwort lautet meistens: „Na, die ersten Wochen oder Monate hat doch jeder Welpe Schutz und wird nicht gebissen von den erwachsenen Hunden.“

Dazu möchte ich einen Erklärungsversuch starten: Hunde stammen bekanntlich vom Wolf ab und sind daher Rudeltiere. Hoch sozialisiert sind die Wolfsrudel, da steht die Rangfolge fest. Hoch sozialisiert sollte auch der Hund sein. Wenn er in einem Rudel lebt, da reichen schon zwei Tiere, wird er normaler Weise auch seine Stellung, seinen Rang im Rudel kennen. Aber viele Hunde leben nun mal nur mit einem Menschenrudel zusammen. Da wird die Rangfolge schon etwas diffiziler sein. Der Mensch sollte sich darüber im Klaren sein, dass er der Meister des Hundes sein muss, also das Alphatier, der Rudelführer.

Er geht daher zuerst durch jede Tür, die Treppe rauf oder runter. Er nimmt sich auch das beste Stück der Beute und darf zuerst "fressen", also erst die Menschenmahlzeit, danach erst werden die Hunde gefüttert. Auch hier muss die Rangfolge beachtet werden. Der älteste Hund bekommt den Napf zuerst hingeschoben, dann der 2.; 3.; usw. Abstand halten ist ein sicheres Gebot für friedliches Miteinander.

Hinzukommende Welpen werden extra gefüttert, weil sie ja öfter fressen sollen als die Großen. Stets so, dass die Alten sich nicht vernachlässigt fühlen.

Ein Welpe wird immer wieder versuchen, die Erwachsenen zum Spielen zu animieren. Normalerweise machen die großen auch eine Weile mit, dann aber ist Schluss, was sie auch unmissverständlich dem Welpen klarmachen. Knurren, Grollen, Schnappen sind die erlaubten Maßnahmen eines älteren Hundes gegen den Jüngsten. Der versucht jetzt seine instinktgebundenen Verhaltensmuster anzubringen: mit dem Mundwinkelstoß an die Lefze der Alten bettelt er unterwürfig um ein bisschen Futter, oder er springt an dem Herrn hoch, auch dies ist wieder die Futter-Bettelgeste. Der Welpe stößt mit dem Schnäuzchen an den Rocksaum und schiebt diesen hoch, das ist das Suchpendeln des ganz jungen Welpen, der so die mütterliche Milchquelle sucht; demütig wirft er sich schließlich auf den Rücken, um wenigstens den Bauch abgeschleckt zu bekommen – Reinigung durch die Mutterhündin. Da liegt er nun, wir finden ihn hilflos...

Ein fremder Hund, womöglich ein Rüde, kennt diese Welpensprache nicht. Wieder kommt mein: "normaler Weise" wendet sich der Fremde ab, gelangweilt. So entstand der Eindruck, ein Welpe habe einen gewissen Welpenschutz. Leider ist das eine – wie so häufig im Dialog Mensch ./. Hund – Fehlinterpretation.

Immer wieder kommt es durch derartige Missverständnisse zum Fehlverhalten. Der erwachsene Hund weist den Junghund in seine Schranken, manchmal auch recht ruppig, der Kleine versteht das aber sehr gut und respektiert diese Abfuhr. Also stecken Sie sich nicht dazwischen. Heben Sie nicht den Welpen hoch, sonst muss ja der Erwachsene Hund annehmen, der Kleine soll mehr Macht durch Größe erhalten. Er empfindet seinen Platz im Rudel gefährdet, das kann sehr wohl auch auf einer Hundewiese sein, nicht nur im heimatlichen Umfeld. Jetzt und erst jetzt greift der große Hund den Jungen an, denn die Rangfolge muss erhalten bleiben. Der Mensch ist geneigt, den Erwachsenen zu verurteilen, dabei nimmt der, Instinktsicher, das ererbte Verhalten wahr.

Es ist immer sehr vernünftig, wenn der Mensch wenig Einfluss auf Veränderungen im Rudel nimmt, so lange, wie seine Stellung nicht gefährdet ist.

Wenn schon Sofaplatz, dann nur nach Aufforderung durch den Boss! Sonst passiert das oft beobachtete Schauspiel, Der Hund knurrt den Herrn an, wenn der es wagen sollte, sich auf dem bequemen Sofa breit zu machen.

Wir gehen doch auch nicht in das Körbchen, auf den Schlafplatz des Tieres. Wir respektieren den eigenen Kreis unseres Hausgenossen. Manche Hunde mögen es zwar ganz gern, wenn man mit ihnen Kopf an Kopf schmust, manche hassen das. Ich auch. Ich brauche meinen Freiraum, den ich auch meinen Tieren zugestehe. Und wie halten Sie es?

 

Sehr einfühlsam geschriebene Bücher zu diesem Thema:
Dr. Roger Moore "Hundeerziehung 2000", erschienen im Kynos Verlag und das über ein Vierteljahrhundert alte und immer noch hoch aktuelle Buch der New Yorker
Mönche von New Skete "Wer kennt schon seinen Hund?" mit einem Vorwort von Ulrich Klever. Als Sachbuch bei Ullstein erschienen.